Gutachten Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission
Die landschaftliche Beeinträchtigung des Projekts kann unter Einhaltung von gewissen Rahmenbedingungen als gering bezeichnet werden. Zu diesem Schluss kommt in ihren Gutachten vom 21. Juli 2014 und 26. Januar 2017 insgesamt auch die ENHK. Das BAFU als zuständige Umweltschutzfachstelle ist nach Vorliegen der entsprechenden Visualisierungen ebenfalls zu dieser Beurteilung gekommen (Stellungnahme BAFU vom 31. August 2017). Gestützt auf die Beurteilung der ENHK im Nahbereich der Eigernordwand sind Massnahmen zur Minderung des landschaftlichen Eingriffs zu treffen. Das Ziel dieser Massnahmen ist den Eingriff möglichst klein zu halten und mit einer Ersatzmassnahme vor Ort einen Ausgleich zu schaffen. Dazu wurden diverse Abklärungen getroffen, u.a. die Stützenanzahl und deren Höhe durch einen unabhängigen Seilbahnsachverständigen überprüft.
Die Berichtverfasser kommen zum Schluss, dass die Realisierung des V-Bahn-Projekts mit den dazu gehörenden Nebenanlagen aufgrund der ins Projekt integrierten und den bereits getroffenen Massnahmen ohne allzu einschneidende Auswirkungen auf die Umwelt erfolgen kann.
Ein umfangreiches Massnahmenkonzept zeigt Möglichkeiten auf, wie die Eingriffe gemildert und mittelfristig aufgefangen werden können. In Absprache mit den Fachstellen von Bund und Kanton wurde das Ersatzmassnahmenkonzept zu den Eingriffen in Biotope und den landschaftlichen Eingriff am Fusse der Eigernordwand als separates Dokument erarbeitet.
Die Bauherrschaft hat zur Begleitung der Bauarbeiten und Umsetzung der Massnahmen Martin Lutz (dipl. Ing. agr. ETH / Dr. phil. Nat Oeko Beratungen und Trockenmauer) als ökologisch ausgebildete Fachperson zur Umwelt- und bodenkundlichen Baubegleitung beauftragt.
Seilbahntechnisches Gutachten
Die Bauherrschaft ist der Forderung seitens BAFU, der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, sowie Pro Natura und der Scheidegg Hotels AG im Frühjahr 2017 nachgekommen und hat ein seilbahntechnisches Gutachten zur Überprüfung des gewählten Seilbahnsystems auf der Linie des Eigerexpress und der technischen Möglichkeiten einer weiteren geknickten Linienführung in Auftrag gegeben.
Eigerexpress – Direkte, Ein-Knick und Zwei-Knick-Variante
Im Seilbahntechnischen Gutachten von Hili Manz wird Folgendes festgehalten: “Selbst wenn man die massiven Mehraufwendungen ausser Acht lassen und nur die Aspekte des Landschaftsschutzes mit der Direkten Linie vergleichen würde, erscheinen beide Knickvarianten, vor allem die Zwei-Knick-Variante, als kontraproduktiv. […] Die Wahl des Bahnsystems und die geplante Linienführung sind als optimal einzustufen.»
Optimierungsmöglichkeiten gemäss Gutachten
Im Gutachten äussert sich der Verfasser folgendermassen zu Optimierungsmöglichkeiten: «Das Projekt wurde offensichtlich über Jahre hinweg in sehr vielen Belangen, auch in Bezug auf den Landschaftsschutz, optimiert. Nach Abschluss meiner zur Abfassung dieses Gutachtens notwendigen Studie der Varianten, sehe ich aber noch zwei Optimierungsmöglichkeiten, um dem Anliegen des Schweizerischen Landschaftsschutzes, vertreten durch Herrn Rodewald, Rechnung zu tragen:»
a) Optimierung Standort Stützen 6 & 7:
Die Stützen 6 und 7 könnten aus Sicht von Hili Manz noch 1.5m bis 2m weniger hoch ausgebildet werden. Die Stütze 7 könnte dabei in Längsrichtung leicht talwärts geschoben werden. Daraus würde die Seillinie etwas abgesenkt werden und die Stützen würden ein wenig filigraner ausfallen. Limitiert ist diese Absenkung laut Manz durch den minimal einzuhaltenden Bodenabstand bei maximaler Schneehöhe. Mit zu berücksichtigen sei, dass laut Herr Brawand die Zugänglichkeit zu Stütze 7 mit einer Pistenmaschine nicht möglich ist, somit die Schneehöhe dort nicht reduziert werden kann. Dieser Umstand sei als limitierender Faktor in Bezug auf die Reduktion der Stützenhöhen zu sehen.
Stellungnahme Bauherrschaft:
Die Bauherrschaft hat die Optimierungsmöglichkeit in der Projektplanung umgesetzt. Die Stütze 6 wird in der Höhe um 2,5 Meter auf neu 20,5 Meter und die Stütze 7 um 5,5 Meter auf neu 29,5 Meter reduziert. Die Stütze 7 wird zudem um eine Stützenbreite (17,9 Meter) talwärts verschoben (Abb. 2 «Visualisierung Stützen 6 & 7, Vergleich Höhe und Standort alt-neu»). Diese Projektänderung wurde beim Bundesamt für Verkehr (BAV) mit einem Projektänderungsgesuch vom 31. Oktober 2017 für die Behandlung im Rahmen des laufenden Plangenehmigungs-Verfahrens eingereicht.
b) Gestaltung der Kabinen in dezenten Farben:
Das Gestalten der Kabinen in dezenten Farben. Wenig Aufwand mit relativ grossem Ertrag. Hili Manz mach folgende Bemerkung zu den Stützen: «Feuerverzinkte Fachwerkstützen zeigen sich in der Praxis als sehr gute Lösung in Bezug auf Unauffälligkeit: Durch eine sich natürlich bildende Patina geht der Glanz verloren. Die `Sichtbarkeit` solcher Stützen nimmt in den ersten paar Jahren massiv ab.»
Stellungnahme Bauherrschaft:
Die Kabinen der 3S-Bahn, 28 TGD «Eigerexpress», werden dezent gestaltet. Die Bauherrschaft hat die Änderung bereits vorgenommen und wird den Aussenanstrich mit einem matten Anthrazit-Farbton realisieren und nicht mehr, wie im Auflageprojekt vorgesehen, mit rot.
c) Irreversibilität:
Hili Manz äussert sich wie folgt zur Irreversibilität des Eingriffs: «Bei einer Seilbahn ist von einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 30 – 50 Jahren auszugehen (Mechanik – Infrastruktur). Eine Seilbahn kann danach, wenn die Berechtigung für den Betrieb nicht mehr gegeben sein sollte, rückgebaut werden. Der Rückbau der Direkten Variante wäre dabei zweifelsfrei viel einfacher als bei der Ein-Knick oder gar bei der Zwei-Knick-Variante.»
Nebst einer deutlichen Reduktion der Anreisezeit beinhaltet das Projekt V-Bahn auch eine massgeschneiderte Betriebs-Anpassung der Berner Oberland-Bahn (BOB), Wengernalbpbahn (WAB) und Jungfraubahn (JB) an die Nachfrage und den Stand der Technik.
Der direkte Anschluss der V-Bahn an den öV und die Kapazitätserhöhung durch das neue Rollmaterial bei der Berner Oberland-Bahn (Talbahn auf der Zubringer-strecke von Interlaken Ost nach Grindelwald) erhöhen die Attraktivität der Bahn und sorgen für eine Verkehrsverlagerung von der Strasse auf die Schiene.
Mit der Realisierung des Projekts V-Bahn, insbesondere mit der Inbetriebnahme der 3S-Bahn «Eigerexpress» werden zentrale Knotenpunkte entflechtet und langjährige Verkehrs- und Parkplatzprobleme gelöst. Dafür sorgen mitunter ein neues Parkhaus sowie ein stets aktuelles Parkleitsystem mit Echtzeitinfo. Ein Kundeninformationssystem in allen Bahnen ermöglicht eine gezielte Besucherlenkung.
Die neue Bahn «Eigerexpress» ist eine Massnahme, um die Qualität zu steigern, die aktuellen Engpässe zu verbessern und die Besucherströme besser zu verteilen. Ein Sitzplatzreservationssystem stellt die Umsetzung sicher.
Durch die V-Bahn wird ein direkter Anschluss der Gondelbahn Grindelwald-Männlichen (GGM) und des Eigerexpress an den öffentlichen Verkehr (öV) geschaffen. Dies mittels neuer Station Grindelwald Terminal der Berner Oberland-Bahn mit direktem Zugang zum Terminal der beiden geplanten Bahnen.
Am Terminal Grindelwald verfügt die 3S-Bahn nebst dem Anschluss an den öffentlichen Verkehr zusätzlich über einen direkten Zugang zu einem Parkhaus mit rund 1000 Parkplätzen.
Der vom Kanton Bern in Auftrag gegebene Schlussbericht von Ecoplan zu den "Volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Projekts V-Bahn auf den Kanton Bern" zeigt, dass das Projekt für die Jungfrau Region und vor allem für Grindelwald eine grosse volkswirtschaftliche Bedeutung hat. Sowohl in der Bauphase als auch in der Betriebsphase sind deutlich positive Auswirkungen auf Beschäftigung und Wertschöpfung zu erwarten.
Grindelwald und Jungfrau Region
Bauphase:
Betriebsphase:
Gesamter Kanton Bern
Im ganzen Kanton Bern werden zwischen 342 und 776 neue Arbeitsstellen geschaffen und eine Wertschöpfung von 53 bis 105 Millionen Franken generiert. Das Projekt bringt beträchtliche zusätzliche, jährlich wiederkehrende Steuereinnahmen zwischen 11 bis 14,6 Mio. Franken. Von diesen Einnahmen bleiben 6,8 bis 9,8 Mio. im Kanton Bern (Kanton und Gemeinden).
Zentrale Aussagen:
Durch die V-Bahn und die Haltestelle Grindelwald Terminal der BOB wird die Reisezeit für die Fahrgäste verkürzt. Die BOB, WAB und JB sind optimal an die Nachfrage und den Stand der Technik angepasst. Das Betriebskonzept V-Bahn zeigt auf, wie die künftigen Personenflüsse und Gütertransporte abgewickelt werden.
Das Betriebskonzept stellt optimale Anschlüsse zwischen der BOB, der V-Bahn, der WAB und der JB sicher. ¼-stündige Fahrplan-Zeitfenster bei der V-Bahn gewährleisten ein schlankes Umsteigen zwischen Seilbahnen und Zügen. Dank der V-Bahn, der Station Grindelwald Terminal der BOB und JB Premium werden die Reisezeiten innerhalb der Jungfrau Region deutlich verkürzt.
Die Berner Oberland-Bahn verkehrt während des ganzen Jahres im Halbstundentakt und transportiert Richtung Grindelwald rund 900 und nach Lauterbrunnen rund 580 Reisende (Sitzplätze) pro Stunde.
Während der Hauptsaison verkehrt die WAB im Halbstundentakt. Auf der Seite Grindelwald beträgt die Förderleistung mit drei Zügen 300 Personen/h, auf der Wengenseite verkehren vier Züge mit einer Förderleistung von 760 Personen/h. Der Güterverkehr nach Brandegg, Alpiglen und Kleine Scheidegg läuft über die WAB.
Das Angebot der JB bleibt saisonal differenziert. Der Takt ist abhängig vom Angebot der Zubringerbahnen. Ist der Eigerexpress in Betrieb, verkehren die Züge zwischen Eigergletscher und Jungfraujoch im Halbstundentakt. Ab Kleine Scheidegg wird der Takt der Nachfrage angepasst. Zur Vermeidung von Stehplätzen wurde die Kapazität von 888 auf 1180 Personen pro Stunde (Jungfraujoch an) erhöht. Zwei Züge pendeln im 60 Minuten-Umlauf zwischen Eigergletscher und Jungfraujoch, drei Züge im 90 Minuten-Umlauf zwischen Kleine Scheidegg und Jungfraujoch. Die Fahrzeitreduktion von 30 Minuten ab Lauterbrunnen und um mehr als eine Stunde ab Grindelwald ermöglichst einen längeren Aufenthalt auf dem Jungfraujoch und eine optimale Gästeverteilung.
Der Eigerexpress bringt die Passagiere in 15 Minuten zum Eigergletscher. Die kurze Fahrzeit macht die Talabfahrten im Winter zu Beschäftigungsanlagen und ermöglicht eine deutliche Verkürzung der Reisezeit zum Jungfraujoch. Der Gütertransport nach Eigergletscher und Jungfraujoch wird grösstenteils über die 3S-Bahn abgewickelt
Mit der neuen 10er-Gondelbahn Grindelwald-Männlichen wird die Fahrzeit von 30 auf 19 Minuten reduziert. Der Gütertransport erfolgt in handelsüblichen Gitterwagen in den Gondeln oder auf Euro-Paletten in den Lastbarellen.
Der Terminal der V-Bahn ist mit der Haltestelle Grindelwald Terminal der BOB an den öffentlichen Verkehr öV angeschlossen. Im Terminal befinden sich verschiedene Geschäfte, Gastronomie und Skidepots. Für Gruppen und Individualgäste gibt es separate Zugänge. Bei der 3S-Bahn wird zusätzlich entflechtet zwischen Individualreisenden zum Jungfraujoch und solchen nur bis Eigergletscher.
Bei der Linienführung haben sich die Bahnen eingehend mit den verfügbaren Bahnsystemen und deren Einsatzgebiet auseinandergesetzt. Bei der Strecke Grindelwald Grund - Eigergletscher überragten die Vorteile der Drei-Seilbahntechnik (3S-Bahn) klar.