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Es ist 6.45 Uhr. Im Dunkeln und bei klirrender Kälte werden die letzten Frischprodukte pünktlich in Grindelwald Grund für den Transport auf den Berg angeliefert. Dann kommt der schwere Güterzug der Wengernalpbahn (WAB) ins Rollen und macht sich auf die Fahrt zur Kleinen Scheidegg. Mit dabei sind auch die bestellten Waren für das Berghaus Alpiglen, welche auf dem Rückweg ins Tal bei der gleichnamigen Station auf über 1600 Metern über Meer. abgeladen werden. Die Pächterin Corinne Binggeli wurde vom Personal der WAB informiert. Sie steht um 8.15 Uhr pünktlich auf dem kleinen Perron mit dem «Horischlitten» (Hornschlitten) bereit, um die Paletten möglichst rasch abzunehmen und über den Schnee zum Restaurant zu ziehen. Das ist Corinne Binggelis täglicher Frühsport. 

Zwei Saisons – zwei Gesichter

Zusammen mit ihrem Partner André Portmann führt die 39-Jährige aus Matten bei Interlaken das Berghaus Alpiglen seit Dezember 2015. Als gelernter Koch kümmert sich André Portmann um die Zubereitung der kulinarischen Leckerbissen aus regionalen Produkten. Qualität steht zuoberst. Sogar die Chicken Nuggets für die Kleinen sind selbst gemacht. Um die sieben Doppelzimmer, das Massenlager, die Administration sowie die Bewirtung der Gäste kümmert sich Corinne Binggeli. Sie ist von Haus aus Kauffrau, absolvierte später die Tourismusfachschule und holte das Wirtepatent nach. Unterstützt wird sie von einem kleinen Team und gelegentlichen Aushilfen. Die grösste Zeit des Jahres verbringen die Gastgeber auf Alpiglen. Die Wintersaison dauert jeweils bis nach dem Saisonschlussevent der Jungfraubahnen, dem SnowpenAir. Sobald der grösste Schnee geschmolzen ist und das Wetter die ersten Wanderer anlockt, ist das junge Wirtepaar Anfang Mai bereits wieder zurück auf der Alp am Fusse der Eigernordwand. Der Einsatz lohnt sich. Die Besucherzahlen, insbesondere die Stammgäste, haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. Dennoch bedeutet der 7-Tage-Betrieb eine grosse Herausforderung. Wochenendausflüge, Kurzurlaube oder einfach mal einen Tag ausspannen – das kennen die Pächter nicht. Damit die Partnerschaft auf so engem Raum funktioniert, gibt es für sie ein Rezept: die klare Aufgabenteilung. Gemeinsam freuen sie sich auf die längere Pause im Herbst, die sie für Reisen in warme Länder nutzen. 

«Der Einsatz lohnt sich. Die Besucherzahlen, insbesondere die Stammgäste, haben in den letzten Jahren stetig zugenommen.»

Im Winter begrüssen Binggeli und Portmann mehrheitlich Schlittelfans, meist an den Wochenenden oder während der Ferien. Diese nehmen sich viel Zeit fürs Essen. Bei Glühwein an der Run Bar, einem guten Tropfen zu Fleischgerichten oder köstlichen Desserts verweilen die Gäste oft bis zu später Stunde. Ein Hit ist die nächtlich beleuchtete Schlittenabfahrt «Eiger Run» der Jungfraubahnen.

Im Sommer ist das Berghotel durchgehend gut ausgelastet. Beliebtestes Gericht ist die selbst gemachte Rösti in zehn verschiedenen Variationen. Der Gästemix ist grösser, oft sind es englischsprachige Reisende, vermehrt auch Asiaten. Eines haben alle gemeinsam: Sie gehen früh zu Bett, um am nächsten Morgen nach dem Frühstück weiterzuwandern.

Hand in Hand mit der WAB

Da Alpiglen für Gäste ausschliesslich mit der Bahn oder zu Fuss erreichbar ist, besteht eine enge Zusammenarbeit mit der WAB, welche zur Jungfraubahn-Gruppe gehört. Corinne Binggeli schätzt vor allem die grosse Flexibilität. Sie kann im Notfall noch bis 2.00 Uhr in der Nacht Frisches bei ihrem Gemüselieferanten bestellen und sich darauf verlassen, dass die Ware dennoch am selben Morgen mit dem Güterzug der WAB auf Alpiglen ankommt.

«Die Pendelzüge der WAB, welche abends Schlittler zwischen Alpiglen und der Station Brandegg transportieren, sind für die Pächter Gold wert.»

Im Winter sind die regelmässigen Absprachen bei schwierigen Wetterbedingungen enorm hilfreich. Kann die WAB wegen zu starken Windes oder Lawinengefahr nicht fahren, erfolgt sofort die Rücksprache mit den Wirten. Wann immer möglich werden Gäste frühzeitig mit einem Extrazug ins Tal transportiert, damit sie ihre Flüge nicht verpassen. Corinne Binggeli gibt zu, dass sie manchmal auch vom starken Wind auf den Gipfeln profitieren, wenn die WAB nur noch bis Alpiglen verkehrt. Die Pendelzüge, welche abends Schlittler zwischen Alpiglen und der Station Brandegg transportieren, sind für die Pächter Gold wert. Einen weiteren Berührungspunkt zu den Jungfraubahnen nennt Binggeli in Bezug auf die Erste Hilfe. Ein ehemaliger SOS-Chef des Bahnunternehmens bildet regelmässig ihr Personal aus, damit es im Ernstfall Erste Hilfe leisten kann.